Indiens Wirtschaft wächst stetig. Damit verbunden sind gesellschaftliche Veränderungen, mit denen neue Konsumräume entstehen und die den Einzelhandel vor spannende Herausforderungen stellt.
Wie sich der indische Markt derzeit entwickelt, zeigt die Instore Asia, Indiens größte Ausstellung für Retail Experience und Shopper Marketing, die vom 22.02.-24.02.2018 in Mumbai stattfindet. EuroShop sprach vorab mit Vishal Kapoor, Group Chief Design Officer der Future Group India ltd. Das Unternehmen ist einer der führenden Einzelhändler Indiens und betreibt mehrere Einzelhandelsfilialen aus dem Nahrungsmittel-, Mode- und Elektronik-Bereich.
Herr Kapoor, wie werden Sie Ihrem Anspruch gerecht, den „traditionellen Basar in ein modernes Einkaufserlebnis zu verwandeln“?
Die grundlegende Mission unseres Unternehmens lautet „Regeln umschreiben und Werte bewahren". Und diese Überzeugung schuf eine neue Art von Markt, die den indischen Einzelhandel für immer veränderte. Während wir unsere Grundwerte beibehalten, ist unser Bestreben, die Lebensqualität der Menschen, denen wir dienen, zu verbessern. Wir glauben an Inklusivität und Demokratisierung als Kern unserer Produkt- und Servicestrategie. Während wir im Bereich Lebensmittel, Heim- und Modeeinzelhandel über verschiedene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Demografien hinweg tätig sind, konzentrieren wir uns auch weiterhin darauf, unsere Kunden zu stärken.
Die Future Group experimentiert und fördert fortwährend Produkt-, Kategorie-, Konzept- und Dienstleistungsinnovationen, baut damit Barrieren in Bezug auf ein verändertes Verbraucherverhalten ab und findet gleichzeitig neue Wege, neue Verbrauchergewohnheiten anzustoßen. Dank dieser Innovationen halten wir das Interesse des Verbrauchers und bauen die Beziehung ständig aus.
Indien befindet sich an der Schwelle der Evolution mit mehreren Rationalitäten, Identitäten, sozialen Normen und Ritualen und die Future Group beobachtet diese Entwicklung sehr genau und integriert sie schnell in ihre Geschäftsstrategien. Die kulturelle DNA des Unternehmens, die von Natur aus agil und unternehmerisch denkend ist, verleiht uns einen starken Vorsprung, wenn es darum geht, das sogenannte „mind to market“ (Deutsch: Von der Idee zum Produkt) in einem beeindruckenden Tempo zu erzielen. Wir ändern die Gewohnheiten der Verbraucher, die Schritt für Schritt das moderne Einzelhandelsumfeld annehmen. Mit unserer großen Reichweite, die über die Metropolregionen 1, 2 und sogar 3 des Landes hinwegreichen, sind wir sicher, dass wir jeden Aspekt ihres Lebenszyklus ansprechen und verbinden.
Wie groß ist denn der E-Commerce Marktanteil Indiens?
Angetrieben durch eine höhere Smartphone Verbreitung, liegt das E-Commerce-Geschäft bei circa 17 Milliarden US-Dollar und wird bis zum Jahr 2020 auf 120 Milliarden ansteigen. Im Rahmen dieser Daten lassen sich das Wachstum des Reingewinns und die Netto-Profitabilität jedoch nur schwer bestimmen. Unvergleichliche ausländische Direktinvestitionen (ADI) und eine einheitliche Mehrwertsteuer (GST = goods and services tax) sind zwei große Wachstumstreiber für den E-Commerce-Sektor.
Wie beeinflusst der wachsende E-Commerce Markt den stationären Handel Indiens? Bieten Sie sogenannte Omnichannel-Dienstleistungen wie beispielsweise Click & Collect an?
Wir sehen viele Korrekturen in den Evaluierungen und den E-Commerce Geschäften, die weitgehend von Anliegerstimmung getrieben sind. Es besteht immer noch großes Interesse im Start-up Sektor, aber nach dem Verblassen der anfänglichen Euphorie sehen wir nun ein nüchterneres Umfeld. Jetzt erkennen wir ein interessantes Muster von E-Commerce-Unternehmen, die nun in den stationären Handel eintreten und bemerken, dass der stationäre Handel bestimmte Aspekte der E-Commerce-Technologie integrieren möchte. Ja, Omnichannel ist ein hybrides Resultat dieses Gedankens. Wir als Unternehmen haben bereits begonnen, eine Basis dafür zu schaffen, bevor wir später nach der Integration aller Backend- und Frontend-Aspekte von Prozessen und Technologie voll funktionsbereit sein werden.
Weitere neue und intelligente Technologien sind automatisierte Kassensysteme, Datenanalyse in den Ladengeschäften oder responsive Kundenbindungssysteme, die durch Technologie verbessert und personalisiert werden. In der Tat hatten wir vor einer Woche die große Markteinführung des „Retail 3.0“, das sich ausschließlich auf die Einbindung der technologischen Fortschritte konzentriert und das wir zu einer größeren Wertschöpfung benutzen. Wir werden noch viel experimentieren müssen, um die Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden zu entschlüsseln und uns mit ihnen auf die umfassendste Weise in Verbindung zu setzen. Natürlich steht bei allem der Mensch im Mittelpunkt.
Welche Produkte eignen sich am besten für den E-Commerce und was kauft man lieber in stationären Handel ein?
Wir haben einen viel höheren Zuspruch in der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik verzeichnet, einer Kategorie, die fast 30 Prozent der Internetkäufe umfasst, während mobile Endgeräte und Tablets ebenfalls einen bedeutenden Anteil des E-Commerce-Umsatzes ausmachen. Beide Kategorien zusammen tragen zu fast 40 Prozent des Umsatzes bei. Mode bzw. Fashion liegt mit knapp 25 Prozent der Online-Verkäufe dicht dahinter, Bücher und Einrichtungsgegenstände liegen bei jeweils 8 Prozent, gefolgt von weiteren Kategorien wie beispielsweise Körperpflege, Babyartikel etc.
Bei den beiden führenden Kategorien war einer der Hauptgründe für das Wachstum eine ausgeprägte Rabattstrategie. Allerdings hat dies auch in der jüngsten Zeit vermehrt zu Übernahmen und Schließungen von E-Commerce-Unternehmen geführt. Der zwangsläufige Mangel eines Verkaufspreises (inklusive Gemeinkosten), der den Selbstkostenpreis übersteigt, muss noch korrigiert und reguliert werden.
Kategorien wie Mode, Lebensmittel oder der integrierte Kauf von Eigenheimen treiben die Verbraucher in Richtung offline mit einem hohen räumlichen und sensorischen Mehrwert, was die Markenerkennung deutlich mehr verstärkt als eine eher transaktionsorientierte Beziehung zum E-Commerce das zu tun vermag. Wir haben in den letzten zwei Jahren ein phänomenales Wachstum in der Kundenfrequenz und dem Umsatz verzeichnet, was uns dazu veranlasst hat, unsere Preisgestaltung, Produkte, Dienstleistungen und das Kundenerlebnis ständig zu verbessern. Wir haben und werden auch immer auf eine ganzheitliche erfahrungsbedingte Differenzierung in unserem physischen Liefermodell achten.
Sie sind in 240 Städten Indiens präsent. Haben Sie vor, Ihr Geschäft auf andere Länder auszuweiten?
Mit unserem Verbundpartner im Oman, der Khimji Group, sind wir bereits in die Golfregion vorgedrungen, um Kleidungs- und Lebensmittelkonzepte zu erschließen. Aber nachdem wir diesen Schritt gewagt hatten, haben wir noch viel ungenutztes Potenzial in unserem eigenen Land erkannt. Folglich basieren unsere Konsolidierungs- und Expansionsstrategien auf diesem Leitbild. Wir glauben, dass Indien sich in einer interessanten Phase des Wirtschaftswachstums befindet. Damit verbunden sind Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen und Normen, die einen sehr spannenden Konsumraum schaffen.