Es gibt nicht zu viele Telefonläden, meint Marcus Epple. „Jeder unserer Shops hat einen ökonomischen Sinn.“
Interview mit Marcus Epple, Mitglied der Geschäftsleitung der E-Plus Gruppe
Im April hat E-Plus in den Kaiserhöfen Unter den Linden 26 in Berlin-Mitte sein neues „BASE_camp“ eröffnet. Es ist Telefonladen, Café und Event-Fläche. Politiker sollen sich hier treffen, aber auch ganz normale Leute. Marcus Epple sagt, es sei kein Prototyp für neue Shops, aber manches werde übernommen. E-Plus nutzt die belgische Marke BASE in Deutschland, beide gehören zum KPN-Konzern.
Was ist das Besondere an Ihrem „BASE_camp“?
Das BASE_camp ist der wohl ungewöhnlichste Handy-Shop Deutschlands und dabei viel mehr als ein Handy-Shop. Besucher können sich zu allen Fragen mobiler Kommunikation beraten lassen, die neuesten Smartphones und Tablets ausprobieren, im Café essen und trinken, einen Arbeitstisch mit kostenlosem W-LAN nutzen sowie an zahlreichen Veranstaltungen teilnehmen oder eigene Events durchführen. Willkommen ist jedermann – der Zugang ist offen und grundsätzlich kostenlos.
Das Corporate Design ist viel weniger auffällig als in normalen Telefonläden. Soll man gar nicht mehr sehen, dass man bei E-Plus oder Base ist? Sind die mobilen Kunden immer weniger markentreu?
Doch, man soll es sehen. Im BASE_camp wird die Marke BASE emotional erlebbar gemacht, etwa über die Farbgebung und die Gestaltung der Location. Was transportiert werden soll, sind die Werte der Marke BASE. Projektpartner für das spezielle Design war die Hamburger Agentur Nest One, Spezialist für Markenerlebnisarchitektur. Auf der Basis der Kernwerte und des Corporate Designs von BASE haben sie eine neue Corporate-Interior-Sprache für die Marke entwickelt. So wurde – angelehnt an die einfachen und flexiblen BASE-Tarife – eine gestalterische Linie entwickelt, die sich durch Reduktion auf wesentliche räumliche Elemente und Schnörkellosigkeit im Design auszeichnet.
Wie bringen Sie das Internet in die Ladengestaltung ein?
Das BASE_camp ist eine Brücke zwischen analoger und digitaler Welt, die auch Personen mit dem mobilen Internet in Berührung bringen soll, die es bisher nicht nutzen. Der größte Hingucker ist die weltgrößte Twitter-Installation. Auf einer großflächigen Wandinstallation erscheinen Trendthemen und Schlagwörter des Tages, die aus Twitter ausgelesen und ständig aktualisiert werden. Hier wird die analoge mit der digitalen Welt bewusst verbunden, indem klassische Flipdot-Displays die Daten aus dem Netz anzeigen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass jeder Besucher unsere Tablets und Smartphones einfach und bequem ausprobieren kann. Das kostenlose W-LAN kann man natürlich auch mit mitgebrachten Geräten nutzen.
Wer ist die Zielgruppe?
Das BASE_camp ist digitales Zentrum in Berlin-Mitte: Es zieht politische Entscheidungsträger ebenso an wie Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Kultur. Darüber hinaus spricht das auf Beratung, Schulung und Service ausgelegte Konzept natürlich vorhandene und potenzielle Kunden an und soll die Marke BASE für sie erlebbar machen. Dass dieses Konzept sich bewährt, zeigt auch das Interesse unserer Hardware-Partner, diese außergewöhnliche Fläche für besondere Events zu nutzen.
Sie hatten einen ähnlichen Laden nicht weit weg. Warum sind Sie umgezogen? Was war am alten Standort anders?
Das alte BASE_camp – Unter den Linden 10 – hat sich in weniger als einem Jahr zum Schmelztiegel für digitale Kommunikation entwickelt. Bei über hundert Veranstaltungen trafen sich Bundesminister, Abgeordnete, Blogger, Journalisten, Gründer und Aktivisten, um über die neue, digitale Gesellschaft zu diskutieren und sich zu vernetzen. Schnell wurde die Fläche zu klein, so dass ein Umzug unumgänglich war. Am 24. April wurde deswegen das mehr als doppelt so große neue BASE_camp eröffnet.
BASE_canp: Shop mit viel Platz für ein Café und für Veranstaltungen. Die Besucher können auch eigene Geräte mitbringen und Taschen in Schließfächern (links im Bild) verstauen.
Welche Veranstaltungen gibt es im BASE_camp?
Im BASE_camp führt E-Plus zum einen eigene Veranstaltungen durch: Dies sind Pressegespräche, CSR-Events oder auch politische Formate. Bei den monatlichen „UdL Digital Talks“ etwa diskutieren Politiker wie Frank-Walter Steinmeier, Ursula von der Leyen mit Vertretern der digitalen Community wie Christoph Giesa, Ibo Evsan.
Darüber hinaus kann jedermann die Fläche kostenlos für eigene Veranstaltungen rund um das Thema Kommunikation nutzen. Die thematische Ausrichtung der Events ist nicht von vornherein beschränkt. Es soll um Verständigung gehen und um Mobilität, um Politik und um aktuelle Diskurse. Die Bandbreite der Veranstaltungen reichte in der Vergangenheit von politischen Talkrunden über Lesungen, über Networking-Events und Ausstellungen, bis hin zu aufsehenerregenden Verkaufsaktionen, wie etwa dem Mitternachtsshopping des Samsung Galaxy S3, bei dem man das neue Gerät im BASE_camp weltweit vor allen anderen bekommen konnte.
Wer betreibt die Café-Bar? Gibt es subventionierte Preise, um Publikum anzuziehen?
Für das kulinarische Angebot sorgt der Partner Mokador. Die Preise sind nicht subventioniert, die Entscheidung, im BASE_camp mit einem Partner zusammenzuarbeiten, wurde eher vor dem Hintergrund des Service-Gedankens sowie der Veranstaltungsdichte getroffen.
Kann man mit einem Café die Ladenöffnungszeiten umgehen?
Der Verkauf im BASE_camp findet zu den normalen Ladenöffnungszeiten von 10 Uhr bis 20 Uhr werktags und samstags von 10 Uhr bis 18 Uhr statt. Die Ladenöffnungszeiten werden also nicht umgangen. Eine Ausnahme sind die Veranstaltungen, zu denen das BASE_camp am Abend entsprechend länger geöffnet ist. Hier wird zwar dafür gesorgt, dass Verkaufspersonal vor Ort ist, um bei Fragen zur Verfügung zu stehen, ein Verkauf findet dann aber nicht statt.
Wie werben Sie für das BASE_camp?
Unser in dieser Form einzigartiges Angebot und die hohe Qualität unserer Produkte, sowohl was den Mobilfunk als auch die Gastronomie angeht, sind die besten Werbemaßnahmen für dieses ungewöhnliche Konstrukt. Hinzu kommen die zahlreichen Veranstaltungen. Dies geschieht nicht zuletzt über die Ankündigung der Events über verschiedenste Social Media Kanäle. Im Nachgang werden die Veranstaltungen oftmals mit Fotos und Videomitschnitten dokumentiert und online öffentlich zugänglich gemacht. Dadurch, dass hierbei sowohl Talkgäste als auch Publikum „getaggt“, in den Fotos markiert, und Inhalte verlinkt werden, verbreiten sich die Informationen zu den Events rasant. Es entsteht ein viraler Prozess.
Im Laden sieht man kaum Ware. Kommt das Verkaufen nicht zu kurz?
Ganz und gar nicht. Das Verkaufen geschieht hier subtiler. Der Shop-Bereich im BASE_camp steht für den Wandel von der traditionellen Shopkultur zur modernen Marken- und Produkterlebniswelt. Es gibt im BASE_camp nicht weniger Ware als in anderen Shops. Diese wird jedoch nicht mehr ausschließlich auf klassischen Verkaufstresen präsentiert, sondern ist in die Möbel eingearbeitet: So können Besucher des BASE_camps zahlreiche Smartphones und Tablets ausprobieren, während sie gemütlich sitzen und einen Kaffee trinken. Durch eigens für Kunden initiierte Events, wie etwa Smartphone-Workshops, bietet das BASE_camp einen Mehrwert für interessierte und potenzielle Kunden.
Wie werden sich durch das BASE_camp die Telefonläden von E-Plus / Base ändern?
Zunächst wollen wir weiter Erfahrungen mit dem BASE_camp sammeln. Wir sehen das BASE_camp schon als etwas Besonderes für Berlin an und haben derzeit noch keine Pläne, das Konzept bundesweit auszurollen. Einige Komponenten aber werden sicherlich auch in anderen BASE-Shops wiederzufinden sein: So etwa das Angebot für Kunden, während ihrer Beratung einen Kaffee zu bekommen. Das gab es im BASE_camp vom ersten Tag an. Es wird aktuell auf alle BASE-Shops übertragen.
Gibt es nicht generell viel zu viele Telefonläden in unseren Städten?
Absolut nicht. Jeder unserer Shops hat einen ökonomischen Sinn. Wäre dieser nicht erfüllt, gäbe es keinen Grund, am jeweiligen Shop festzuhalten. Die BASE Shops sind zwar, wie wir finden, allesamt sehr schön. Wir betreiben sie aber nicht, um die Umgebung aufzuwerten.
Ist die Vermarktung über Filialen noch zeitgemäß?
Unbedingt ja, das ist sie und sie wird es bleiben: Viele Kunden legen Wert auf eine persönliche und individuelle Beratung vor Ort und die Möglichkeit, ihr favorisiertes Mobiltelefon im Shop auszuprobieren.
Interview: René Schellbach, EuroShop.de
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01.07.2012
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