Knut John: "Gerne verzichten wir auf Platz für das Sortiment, um den Menschen vor Ort einen Treffpunkt zu bieten."
Für den täglichen Einkauf nicht kilometerweit fahren zu müssen ist ein Service, den immer mehr Menschen in ländlichen Gemeinden schätzen. Mit der Kampagne „Lädchen für alles“ fördert tegut… jetzt neue Nahversorgungsmodelle. Wie dieses Konzept genau aussieht und wie die "Lädchen" auch die Dorfgemeinschaft stärken können, erläutert Knut John, tegut… Geschäftsleiter Vertrieb, im Interview.
Herr John, wie entstand die Idee für das „Lädchen für alles“, auf welche Trends in Handel und Gesellschaft reagiert tegut… mit dem neuen Konzept?
Wir suchen nach Antworten auf die Fragen, die uns durch den demographischen Wandel gestellt werden. „Stadt, Land, Flucht“ gilt es aufzuhalten. Wir wollen den Menschen gute Lebensmittel dort zur Verfügung stellen, wo sie leben, dabei unnötig lange Wege vermeiden und die Nahversorgung sichern.
Wie unterscheidet sich das „Lädchen“ von anderen Nahversorgern?
Nah heißt für uns auch wirklich nah. Der Markt ist fußläufig zu erreichen, möglichst in der Mitte des Dorfes/Quartieres gelegen. Das Besondere ist, dass wir das tegut… Lädchen für alles auch als neuen sozialen Mittel- und Kommunikationspunkt für das Dorf/Quartier ernst nehmen. Gerne verzichten wir auf Platz für das Sortiment, um den Menschen vor Ort einen Treffpunkt zu bieten. Drei Säulen bestimmen den Erfolg des tegut… Lädchen für alles: Das Kerngeschäft, die guten Lebensmittel, die Dienstleistung und der soziale Treffpunkt.
Teil des Konzepts ist die Integration eines Dienstleisters in jeder Filiale. Welche Branchen sind in den „Lädchen“ vertreten und warum wurden gerade diese gewählt?
Es sind meist die Dienstleistungssegmente, die weggebrochen sind und die die Menschen in ihrer Nähe wieder wollen. Das prüfen wir vorab, in dem wir mit ihnen ins Gespräch gehen. Post, Bankauszahlungen, Lotto u.a. sind die üblichen Wünsche. Hier versuchen wir die Dienstleistung auch anzubieten, sofern der Dienstleister bereit dazu ist. Das ist allerdings nicht immer einfach.
Wie sieht das Produktsortiment in den „Lädchen“ aus und wie wichtig ist die Regionalität der Produkte?
Die Regionalität spielt eine wichtige Rolle, nicht nur für das Konzept der tegut… Lädchen. Wir versuchen möglichst viele lokale Produzenten zu gewinnen und ihre Ware im Lädchen anzubieten.
Das tegut…Sortiment umfasst alle Bausteine, die in einem Supermarkt zu finden sind, es ist ein Supermarkt in Miniatur. Zwischen 3000 und 4500 Artikel werden im Lädchen angeboten, vom Discountartikel, der Eigenmarke mit dem tegut… Reinheitsversprechen, Markenartikeln und natürlich auch Lebensmittel in Bioqualität findet der Kunde eine gute Auswahl und kann seinen Bedarf nach seinen Ansprüchen decken.
Übrigens haben wir keine anderen Preise im Lädchen als in den anderen tegut… Märkten. Dies ist wichtig für unsere Kunden, denn es gibt keinen sogenannten Logistikkostenaufschlag. Egal, wo der Kunde bei tegut.. einkauft, alle Preise sind gleich.
Umfragen zeigen: Die Kunden schätzen gerade auch die kleinen Läden.
Wie wird das „Lädchen für alles“ in den Gemeinden angenommen?
Es wäre vermessen zu sagen: "Immer zu 100% gut". Nein, es gibt durchaus auch Dörfer, die wir überschätzt haben, in denen der prognostizierte Umsatz nicht erreicht wird. Das ist dann aber auch nur in Einzelfällen so. Hier muss man dann auch sagen: Wenn wir nicht gewünscht sind und die Menschen vor Ort das Lädchen trotz großem Engagement Einzelner nicht annehmen, dann gehen wir wieder.
Unser Konzept ist weit über das tegut… Land hinaus bekannt. Gerade auch deshalb, weil wir mit vielen sozialen Partnern arbeiten. Diese Betriebe arbeiten im Rahmen der Inklusion von Menschen mit Behinderung und sehen das tegut… Lädchen als eine ideale Plattform, Menschen mit Handicap zu integrieren. Das ist ein Gewinn für unsere Gesellschaft, den man monetär nicht messen kann - wie so viele „Zusatzgewinne“ für das Dorf die wir generieren, aber eben nicht in unserer von Wirtschaftlichkeit getriebenen Gesellschaft gleich durch eine Messzahl belegen können. Wir tragen mit diesem Konzept einen guten Teil bei zur sozialen Marktwirtschaft.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Politik und kommunalen Verwaltungen, wer übernimmt hier welche Aufgaben bei der Planung und Eröffnung neuer Filialen?
Die Zusammenarbeit ist schon allein deswegen gut, da in der Regel die Gemeinden auf uns zukommen und das Lädchen fordern. Wenn ich vorher von der sozialen Marktwirtschaft gesprochen habe, dann wird dies in der Zusammenarbeit mit den Kommunen deutlich. Wie die Aufgabenverteilung letztendlich ausschaut, wird vor Ort geklärt, da jedes Dorf/Quartier andere Voraussetzungen hat.
Planen Sie die Eröffnung weiterer Filialen?
Ja, wir werden in diesem Jahr mindestens vier neue Filialen bekommen, weiter an der Entwicklung der bestehenden tegut… Lädchen arbeiten und sie anhand der Bedürfnisse der Menschen vor Ort weiterentwickeln.
Das Interview führte Daniel Stöter; EuroShop.de