Interview mit Klaus Günter, Geschäftsführender Gesellschafter kohlhaas messebau
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“ Diese Erkenntnis von Aristoteles setzte der Messebauer kohlhaas bei seinem eigenen Messestand auf der EuroShop in Szene. Blickfang waren zahllose orange Kugeln, die sich zu einem fliegenden Teppich im Raum vereinen. Damit ist kohlhaas aus Germering bei München nominiert für den ADAM, den Designpreis des Branchenverbandes FAMAB. Geschäftsführer Klaus Günter ist überzeugt: Markenauftritte bei Messen und Events lassen sich auch im Ladenbau umsetzen.
Der ADAM unterscheidet nach verschiedenen Standgrößen. Je größer der Stand desto größer ist der Platz für Kreativität des Messebauers. Stimmt das?
Natürlich hat man auf einer großen Standfläche viele Möglichkeiten zu gestalten. Der Auftritt unseres Kunden Schüco auf der Bau – mit dem wir in der Kategorie XXL auch nominiert sind – zeigt, dass man über 2000 m² sehr schöne Entwürfe mit großen Gesten umsetzen kann. Im Gegenzug ist allerdings auch immer das zu erfüllende Raum- und Nutzungsprogramm größer, so dass es in der Regel doch deutlich komplexer zu realisieren ist, als es bei kleineren Ständen der Fall wäre.
Welche konkreten Aufträge ergaben sich aus Ihrem EuroShop-Auftritt?
Um ehrlich zu sein: Bei mir war kein Kunde mit einem fertigen Vertrag zur Unterschrift am Stand. Das war auch gar nicht zu erwarten. Wir wollten uns dem Fachpublikum präsentieren, wie wir uns sehen und das ist uns, denke ich, auch ganz gut gelungen. Die persönlich vor Ort geführten Gespräche führen im Nachgang unweigerlich zu weiteren fruchtbaren Geschäftskontakten.
Was kann der Handel von den Messebauern lernen?
Ich glaube, der Handel kann von der Innovationsfreude des Messegeschäfts noch viel profitieren. Wir bewegen uns immer an vorderster Front der Gestaltungsansprüche und neusten Materialien. Nur wer mit Freuden immer wieder Neues wagt, hat eine Chance Trends zu setzen.
Wie kann man einen Messe- oder Event-Stand und das Ladenkonzept aufeinander abstimmen?
Wir haben viele Beispiele, wie wir erfolgreich Messekonzepte nach Messeende in Showrooms oder Flagshipstores unserer Kunden adaptieren. Als eines davon sei hier Schattdecor genannt. Die Firma hat als Weltmarktführer auf der Interzum ausgestellt und anschließend das Konzept im hauseigenen Showroom für Mitarbeiter und Kunden weiter erlebbar macht. Dadurch ist ein regelmäßig wechselndes und immer zeitgemäßes Interieur gewährleistet. Man bleibt interessant.
Messetage sind schnell vorbei. Welche Trends aus den Hallen sind dauerhaft und damit für Ladenbauer interessant?
Ich denke, gute Ideen setzen sich immer auch über die Messelaufzeit hinaus durch. Derzeit sind jegliche Formen der multimedialen Interaktivität im Trend, der sicher auch noch länger anhalten wird. Eine Reaktion auf das eigene Verhalten fördert die Neugier und idealerweise somit das Interesse am Produkt. An der Front ist das Ende der technischen Möglichkeiten noch lange nicht abzusehen und wird noch weiter zunehmen. Unsere Aufgabe hierbei ist es, diese Trends zu erkennen und im Gesamtkonzept für einen noch größeren Kundenerfolg mit zu integrieren.
Sind die Ladenbauer in Deutschland zu konservativ?
Eindeutig ja. Wenn man sich den Ladenbau unserer Nachbarn in Italien beispielsweise anschaut, hat man den Eindruck, dass es hier noch einiges nachzuholen gibt. Dort wird eine Aufenthaltsqualität geschaffen, die das Einkaufen zum wahren Erlebnis werden lässt. Der Ausbau geht hierbei fast grundsätzlich mit hoher Materialqualität einher. Echtmaterialien beispielsweise spüren die Leute, sie nehmen diese wahr und projizieren den eigenen Eindruck auf die Inhalte.
Welche kulturellen Unterschiede müssen Sie in welchen Ländern beim Messebau beachten?
Im europäischen Ausland erkennt man trotz großer kultureller Vielfalt nur marginale Auswirkungen auf die Mentalität der Messebesucher. Die Wirtschaftsmentalität ist im Grunde bei allen europäisch. Große Unterschiede kann man beispielsweise zu Nordamerika ausmachen. Hier gilt es zwei Dinge zu unterscheiden. Erstens der Bau von Messeständen: Die traditionell sehr gut organisierten Gewerkschaften beeinflussen den Arbeitsablauf für die Messebauer durch sehr starre Vorgaben erheblich. Dies hat Auswirkungen auf die Art, wie Stände gebaut werden und geht zu Lasten der Kreativität. Zweitens die Messebesucher: Diese tendieren stark zu schnelllebigem Konsum. Die Begeisterungsfähigkeit ist dadurch auch deutlich größer. Mit kreativen Ideen kann auf diesen Märkten zukünftig noch viel mehr erreicht werden als mit einfachen Konzepten, dessen bin ich mir ganz sicher.
Wie wird sich der Markt der Messebauer aus Ihrer Sicht entwickeln? Fusionen, Spezialisierung etc?
Messebauunternehmen sind sehr stark den konjunkturellen Schwankungen der Gesamtwirtschaft unterworfen. Nur nachhaltig wirtschaftende Firmen werden langfristig in der Lage sein, die zunehmenden Konjunktur-Amplituden abzufedern. Dies wird nicht primär durch die Größe, sondern viel mehr durch die gelebte Philosophie entschieden werden.
Wann beginnen Ihre Vorbereitungen auf die nächste EuroShop?
Wir werden – wie immer – wieder versuchen, den vorherrschenden Puls der Zeit zu spüren. Dafür werden wir, was unseren eigenen Auftritt auf der kommenden EuroShop betrifft, mit circa einem Jahr Vorlauf mit den ersten Marktanalysen beginnen.
Interview: René Schellbach, EuroShop.de
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