Discounter und Lebensmittelmärkte haben sie. Elektronikmärkte und Baumärkte auch. Einkaufswagen gehören zum Einkaufen wie Warenregale und Kasse. Doch oft sind sie sich zum Verwechseln ähnlich. Für den Laien unterscheiden sie sich meistens nur beim Logo am Griff. Ein Rückblick zeigt jedoch: Die Geschichte der Einkaufswagen brachte einige Veränderungen und auch jetzt tut sich etwas. Die Wagenwelt wird bunter.
Filialleiter und Verkäuferinnen haben ein geübtes Auge. Sie unterscheiden die Kunden schon beim Betreten des Ladens. Wer mit Einkaufswagen rein kommt, hat einen größeren Bedarf als die Hastigen, die nur wenige Artikel wollen und keinen Wagen nehmen. In manchen Märkten haben die Kunden die Wahl zwischen Wagen und Tragekorb, manchmal auch zwischen unterschiedlichen Wagen.
Siegeszug in Deutschland ab den Fünfzigern
Als Erfinder des Einkaufswagens gilt der amerikanische Lebensmittelhändler Sylvan Goldman, der 1937 in seinem „Humpty Dumpty“-Supermarkt in Oklahoma City den Kunden einen „shopping cart“ zur Verfügung stellte – damit sie mehr einkaufen konnten als mit den kleinen Einkaufskörben. 1940 meldete er den Wagen zum Patent an. Die ersten Wagen hatten abnehmbare Körbe. Wanzl bekam 1951 das Patent für den ersten Einkaufswagen mit festem Korb. Die Metallwarenfabrik aus dem bayrischen Leipheim ist heute weltweit Marktführer für Einkaufswagen.
Nach der Währungsreform waren in Westdeutschland die Läden schlagartig wieder voll. Das war die Zeit, als der Tragekorb zu klein wurde. In den Fünfzigern, mit der „Fresswelle“, wurden die Einkaufsstätten größer. Tante Emma bekam Konkurrenz durch größere Lebensmittelläden in den Städten. Und schließlich entstanden – wiederum nach US-Vorbild – „auf der grünen Wiese“ die ersten Supermärkte, vor denen man bequem mit dem Auto parken konnte. Mit den größeren Verkaufsflächen war mehr Platz zwischen den Regalen. Die Wagen wurden immer größer. Denn Psychologen sagen: Je größer der Wagen, desto größer die Versuchung, umso größer der Gewinn.
Pfandsystem und Wagen-Diebstahl
Anfang der achtziger Jahre führten deutsche Supermärkte Pfandschlösser an ihren Wagen ein. Damit bringen fast alle Kunden die Wagen zurück zu den Sammelpunkten, was die Arbeit für das Marktpersonal reduziert. In den USA konnte sich das Pfandsystem nicht durchsetzen. Hier haben die Märkte viel Personal für den Service. Auf den Parkplätzen helfen Mitarbeiter bei der Parkplatzsuche und sie sorgen auch für Ordnung bei den Einkaufswagen.
Die Hoffnung des Handels auf Reduzierung der Wagen-Diebstähle durch Pfandschlösser hat sich nur teilweise erfüllt. Eine Mark oder heute ein Euro für einen großen Wagen – das ist für manchen Kunden ein günstiger Preis, um die Einkäufe bequem nach Hause zu schieben. Darum sammeln sich noch heute in einigen Siedlungen herrenlose Wagen.
Inzwischen hat der Handel im Kampf gegen den Diebstahl die Wahl zwischen verschiedenen Sicherungen. Eine mechanische Sicherung sind Magnete im Boden, die beim Überfahren durch Federn gespannte Bremsen an den Wagenrädern entriegeln und so ein unerlaubtes Weiterfahren erheblich erschweren. Unehrliche Kunden können den Wagen jedoch über die Kontaktschleife hinweg heben, denn die magnetische Reichweite ist beschränkt. Elektronische Bodensicherungen überwachen einen breiteren Streifen. Sie können so ausgestattet werden, dass die Räder wieder rollen, wenn der Wagen über die rote Linie zurückgeschoben wird. Personal zur Entriegelung ist dann nicht nötig. Elektronisch ist eine Sicherung auch mittels Funkempfänger am Wagen möglich, die aktiv wird, wenn sich der Wagen zu weit von seinem Sender entfernt. Vorteil: Das Marktgelände muss nicht mit einer Kontaktschleife ausgestattet werden. Nachteil: Das System eignet sich nur dort, wo das Sendesignal ungehindert verbreitet werden kann. Je genauer das GPS-Signal wird, desto besser funktioniert es künftig für satellitengestützte Wagensicherungen.
Kunststoff legt zu, Metall bleibt der Klassiker
Langsam gewinnen Einkaufswagen mit Körben aus Kunststoff an Bedeutung. Sie sind leichter und die Körbe können in den Firmenfarben bestellt werden. Sie eignen sich auch für den Einsatz der Radiofrequenzidentifikation (RFID). Damit müssen die Artikel nach dem Einkauf nicht mehr einzeln an der Kasse gescannt werden. Die Kunden schieben ihre Wagen einfach vorbei und alle Artikel werden auf einmal erfasst, doch RFID steckt noch in der Startphase. Metallkörbe stören die Signale. Allerdings ist die Reinigung aufwändiger, denn die Plastikflächen bieten dem Schmutz mehr Fläche als Metallstäbe.
Traditionelle Metallbauer sind längst auch beim Kunststoff dabei. So hat Marktführer Wanzl gerade einen Deal mit Europas größter Handelskette Carrefour unter Dach und Fach gebracht. Die Franzosen statten ihre Hypermärkte im In- und Ausland mit dem Wagen „Tango“ aus. Sie wählen die große Version mit 220-Liter-Korbvolumen. Bis 2013 will Carrefour 40 Millionen Euro für neue Einkaufswagen investieren. Wanzl hat den „Tango“ 2002 erstmals vorgestellt.
Caddie aus Straßburg stellte auf der EuroShop neue Einkaufswagen mit abnehmbaren Stofftaschen vor. Im iXtenso-Interview erklärt Eliseo Pavone von Caddie die Vorzüge des Systems. Er ist dennoch überzeugt, dass der gute alte Einkaufswagen aus Metall noch längst nicht ausgedient hat. Darauf hofft auch die Metallwarenfabrik J. D. Geck aus Altena im Sauerland. Sie steigt als neuer Wettbewerber in den Markt für qualitativ anspruchsvolle Metall-Einkaufswagen ein. Im zum Thema erläutert Vertriebsleiter Volker Köller die Hintergründe.
Wagen werden vielfältiger
In der Vergangenheit haben Handelsketten versucht, durch kleine Ergänzungen ihre Wagen für die Kunden attraktiv zu machen. So helfen fest montierte Lupen beim Lesen des Kleingedruckten auf den Artikeln; Kindersitze sorgen für Sicherheit. Aktuell kommen wieder Einkaufstrends aus den USA: Persönliche Shopping-Assistenten sind Computer am Wagengriff, die auf einem farbigen Display den Weg weisen und Angebote anzeigen. Mit SB-Scannern am Wagen können registrierte Kunden ihre Wartezeit an der Kasse verkürzen.
Die Zeiten der Einheitswagen vor den Lebensmittelmärkten, Baumärkten und Elektronikläden geht zu Ende. Die Wagen bleiben aber, was sie von Anfang an waren – eine Verführung, mehr zu kaufen als auf dem Einkaufszettel steht.
René Schellbach, iXtenso.com
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