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Edles Design statt Einheitsbrei bei Digital Signage

© Netvico Sportscheck Berlin

Edelstahl gebürstet, Stele leicht gebogen, Touchscreen oder Farbmonitor – fertig. Viele Kioskterminals sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Will der Handel bei Digital Signage den Einheitslook? Welche Alternativen gibt es bei der digitalen Beschilderung? Und kann man damit beim Kunden wirklich punkten? Wir haben uns umgeschaut und umgehört.

Langsam kommt der Markt für Digital Signage in Deutschland in Bewegung. Nach und nach stellen Händler Infoterminals und Werbebildschirme für ihre Kundschaft auf. Kritiker bemängeln bereits die Reizüberflutung und mögliche Manipulation beim Einkaufen. Der Handel muss abwägen zwischen Investitionen und Nutzen. „Content is King“, lautet eine wichtige Regel bei den elektronischen Infomedien im Laden. Es ist nicht damit getan, die Geräte aufzustellen. Es kommt auf die Inhalte an, die darauf präsentiert werden sollen. Bilder, Grafiken, Texte, Videos – alles muss besorgt und zur richtigen Zeit abgespielt werden. Die so genannte Playlist, das Programm, können Filialisten zentral steuern oder den Kaufleuten vor Ort Einfluss einräumen.

Digital Signage für viele Aufgaben

Egal ob Videowand, Großbildschirm oder Infoterminal – die Aufgaben von Digital Signage sind klar umrissen. Die neuen Medien sollen die Kunden informieren, unterhalten oder umwerben. Die Geräte dienen als Wegweiser, sie können Sonderangebote präsentieren oder mittels Video Emotionen wecken. Bei alldem stehen die Inhalte im Fokus, das Gehäuse bildet nur den Rahmen. Genau dies kritisiert Bernhard Goßen, Geschäftsführer von MultiComSystems.

Das Unternehmen aus Hilden bietet Infoterminals an, doch sie sehen auf den ersten Blick aus wie viele andere. „Das Design sollte kein Selbstzweck sein“, begründet Goßen. „Ich will Terminals bauen, die einen Zusatznutzen bieten.“ Er fragt sich, warum der Handel nicht Terminals kauft, welche die Passanten mittels SOS-Knopf telefonisch mit einer Notrufzentrale verbinden. Die Mitarbeiter dort könnten Notärzte, Feuerwehr oder Polizei alarmieren und Rettungsmittel freigeben, welche im Sockel des Terminals eingebaut sind. Goßen denkt dabei an Erste-Hilfe-Kästen oder Defibrilatoren. „Die meisten Menschen haben Angst, beim Helfen Fehler zu machen. Sie wollen im Notfall klare Anweisungen.“

Das ist eine Nische, weiß Goßen. Aber auch anspruchsvolles Design scheint kein Massenmarkt zu sein. So bietet zum Beispiel Polygon aus Obertshausen individuelle Planungen an. Auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen hat der Handel daran zwar großes Interesse, doch die damit verbundenen Kosten und der Zeitaufwand halten viele Investoren davon ab, erzählt Polygon-Geschäftsführer Michael Reuter im Interview zu diesem Fokus-Thema. Lieber werden die Möglichkeiten genutzt, vorhandene Standardterminals abzuwandeln.

 
 

Displays als Designelemente
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Infostele mit Design-Preis ausgezeichnet

Beispiele für anspruchsvolles Design im Bereich Digital Signage gibt es durchaus. Einen hervorragenden Ruf hat der internationale iF Design Award. Mehrere hundert Auszeichnungen in vielen unterschiedlichen Kategorien werden pro Jahr verliehen. Die Sparten reichen von Gebrauchsgegenständen bis hin zu Investitionsgütern. 2011 erhielt die Stele „Confire A46“ von Stüber Systems (Berlin) das begehrte Prädikat. Die Stele kommt laut Stüber überall dort besonders zur Geltung, wo eine anspruchsvolle Kommunikation, Interaktion und Repräsentation gefragt ist: in Unternehmen, Foyers, Ausstellungsflächen, Museen und Galerien, Einkaufszentren, auf Messen und bei Events oder in öffentlichen Einrichtungen. Die Stele hat eine flächenbündige Front aus Sicherheitsglas und einen Berührungs-Bildschirm für Full-HD mit 46 bis 82 Zoll Bilddiagonale. „Die Rückwand ist aus einem Guss und macht auch mitten im Raum eine gute Figur. Die schmale Ansichtsseite wird durch die dynamisch geformten Seitenbleche bestimmt. Die Gesamtkonstruktion schwebt auf einem minimalistischen Fuß“, heißt es in der Produktbroschüre.

Holz, Glas, Granit – Vieles ist möglich

„Es gibt einen wachsenden Markt für ungewöhnliche Lösungen, aber dieser ist noch sehr klein“, sagt Manfred Gerling, Vertriebler bei Wrocklage Intermedia, einer Firma, die als Werbeagentur begann und durch Kundenanfragen in Digital Signage hinein gewachsen ist. Man kauft fertige Terminals und Stelen, doch Vieles lässt man in der heimischen Region rund um Ibbenbüren von Fachbetrieben nach eigenen Entwürfen bauen.

Im Angebot sind Stelen und Terminals mit Holz, Glas oder Stein. „Multi:stone“ heißt ein 140 Kilogramm schweres Wanddisplay, eingefasst in einen Rahmen aus hochwertigem Granit. Auch andere Sandstein- oder Marmorarten sind lieferbar. Gedacht ist es etwa für Foyers, wo die Besucher an dem eingebauten 42'' Touch-Display Informationen über die Raumbelegung abrufen können. Das eingesetzte Besucherinformationssystem als datenbankbasierende Flash-Animation programmiert Wrocklage selbst. Optional erhältlich sind Webcam, Aktiv-Lautsprecher und Näherungssensor. Zusätzlich ist eine Edelstahl-Infosäule mit Tastatur möglich. Ahorn ist sowohl optisch als auch fühlbar eine echte Alternative zu Materialien wie Stahlblech oder Kunststoff, glaubt man bei Wrocklage und bietet ein Terminalgehäuse aus Holz an. Im Inneren ist Platz für einen Booksize PC und weitere Kleinkomponenten. Wahlweise ist das Display mit Touchscreen oder mit Schutzglasscheibe ausgerüstet.

Große Screens werden selbst zum Design-Objekt

Inzwischen werden die Monitore immer größer. Längst sind 120-Zoll-Bildschirme im Angebot. Die Hersteller überbieten sich mit immer besserer Farbwiedergabe und immer schmaleren Rahmen, so dass mit mehren Bildschirmen ganze Videowände möglich werden. Diese kann man für aggressive Werbung nutzen oder ganz subtil zur Schaffung einer besonderen Atmosphäre. Was früher als Video-Kunst eine Randerscheinung im Kulturbetrieb war, könnte damit Eingang finden in einen größeren Markt: Möglich ist die Schaffung von Traumwelten am Computer.

Wie man die technisch anmutenden Screens in den Ladenbau bewusst integrieren kann, das zeigt das „Reisebüro der Zukunft“. Der Flagshipstore von FTI Frosch Touristik in München wurde gerade vom Handelsmarketingverband POPAI mit einem Preis für Digital Signage ausgezeichnet. Mehr dazu im zweiten Interview zu diesem Fokus-Thema.

Die Otto-Group ist mit SportScheck einer der Vorreiter für Digital Signage im Handel. Sport bietet sich für digitale Werbung geradezu an, schließlich lassen sich Action, Spannung und Naturerlebnis gut in bewegten Bildern darstellen. SportScheck setzt DS aber auch zur Beschilderung ein, als Wegweiser zu den Warengruppen auf den einzelnen Stockwerken. Und es gibt berührungssensible Bildschirme, mit denen die Kunden Produktinformationen abrufen können. SportScheck bezieht Screens aber teilweise auch ganz gezielt in das Shop-Design mit ein. Vier Monitore, umrahmt von hölzernen Fensterläden schaffen ein virtuelles Sprossenfenster, das den Blick freigibt in Alpenlandschaften.

Digital Signage ist ein wachsender Markt. Das Design spielt dabei bereits heute eine gewisse Rolle, wenngleich die Monitore weiterhin der Hauptzweck sind. Besondere Terminals sind selbst ein Blickfang. Das Besondere hat freilich seinen Preis – und der muss sich auf lange Sicht rechnen. Das Besondere kann jedoch auch ein Imagegewinn sein, der sich nicht in Euro und Cent bilanzieren lässt.

René Schellbach, EuroCIS.com

 
 

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