Flyer, Kataloge und Anzeigen bleiben weiter die beliebtesten Werbeformen.
Es erscheint fast wie ein Anachronismus: Während sich der Handel selbst zunehmend im Internet abspielt und die eTailer dem stationären Einzelhandel immer größere Marktanteile streitig machen, bleibt der deutsche Handel bei der Werbung lieber bei klassischen Formen. Flyer, Kataloge und Anzeigen bleiben weiter die beliebtesten und erfolgversprechendsten Werbeformen. Aber die Werbung in den Neuen Medien ist weiter auf dem Vormarsch und wird in Zukunft auch neue Werbeformen hervorbringen.
Es gibt bei der Werbung jedoch keinen direkten Widerstreit zwischen Online- und Printwerbung. Im Gegenteil: „Überraschenderweise ist gerade das E-Commerce ein Beförderer dieser klassischen Werbeformen, denn Kataloge und Print-Anzeigen gelten als unerlässliche Kaufinspiration für späteres Online-Shopping“, erläutert Marlene Lohmann, Leiterin des Forschungsbereichs Marketing des EHI Retail Institute, im aktuellen iXtenso-Interview. Mit einem Anteil von 53 Prozent am Werbebudget betrachten viele die klassische Print-Werbung mit Prospekten und Magazinen sogar heute noch als „alternativlos“.
Mobile Anwendungen werden wichtiger
Ungeachtet des Status Quo sind neue Werbeformen dennoch auf dem Vormarsch. Innerhalb der nächsten Jahre soll einer aktuellen EHI-Studie zufolge, für die 33 nationale Handelsunternehmen befragt wurden, besonders das Onlinemarketing weiter Fahrt aufnehmen. Über die nächsten drei Jahre wird in diesem Bereich ein Wachstum von 113 Prozent erwartet. Besonders das Mobile Marketing wird von vielen Händlern als Brücke zum PoS wahrgenommen. Denn wenn die Kunden unterwegs mobil angesprochen werden, ist der Weg in den Shop nicht so weit, wie von der heimischen Couch aus. Der Anreiz unterwegs, ein ansprechendes Angebot direkt aus dem Laden mitzunehmen, ist durch Mobilemarketing deutlich höher. Auch das klassische Couponing soll in circa drei bis fünf Jahren von mobilen, digitalen Couponing-Anwendungen ersetzt werden. Hier fehlen aber – ähnlich wie beim Mobile Payment – heute oft noch die nötigen technischen Infrastrukturensowie standardisierte Prozesse.
Aber auch das (mobile) Internet wird als Werbeträger für den Handel immer wichtiger.
Mobile Werbung wirkt am Feierabend
Mit dem Wachstum beim Mobile Marketing ergeben sich für die Händler jedoch diverse Probleme im Umgang mit der neuen Werbeform. Dazu gehört zum Beispiel der richtige Zeitpunkt zum Schalten der mobilen Werbung. Der Händler muss wissen, wann die Nutzer für Werbebotschaften am empfänglichsten sind und die Konversionsrate demnach am höchsten ist. Eine Untersuchung des auf mobile Vermarktung spezialisierten Unternehmens apprupt aus dem letzten Jahr gibt interessante Aufschlüsse: Werktags ist die effektivste Zeit für mobile Werbekampagnen am Abend zwischen 17 und 23 Uhr, wobei der Höhepunkt der Markenempfänglichkeit um 19 Uhr erreicht ist. Werbung im Mobile Web wirkt also am besten in den sogenannten „Lean-Back-Nutzungszeiten“, wenn der Nutzer entspannt mit seinem Tablet auf der Couch surft oder sich auf dem Heimweg mit seinem Smartphone beschäftigt.
Soziale Netzwerke sind ein Tool fürs Marketing, nicht für den Verkauf
Zu den meistgenutzten Mobilanwendungen gehören heute die sozialen Netzwerke, allen voran natürlich Facebook. Integrierte Shops in diesen Netzwerken wurden vom Handel noch bis vor rund zwei Jahren als integrierter Marketing- und Verkaufsweg der Zukunft gesehen. Hier sollten die Werbung und der Produktkauf möglichst eng verzahnt werden: Kunden folgen Produktempfehlungen und Tipps ihrer Freunde und landen direkt auf dem Facebook-Shop der entsprechenden Marke. Viele Unternehmen hofften, sich so ohne viel Aufwand einen zusätzlichen Verkaufskanal zu erschließen.
Bei vielen hat sich inzwischen allerdings die Erkenntnis durchgesetzt, dass Facebook & Co. gute Kommunikationswerkzeuge, aber ganz schlechte Abverkaufsmedien sind. Denn die integrierte Kaufmöglichkeit ist vielen Nutzern zu kompliziert – dabei hat Facebook durchaus Potential als dialogische Marketing-Plattform, auf der der Nutzer eine Verbindung zu einem Unternehmen herstellen kann. Denn viele Nutzer teilen ihren Freunden durchaus mit, welche Unternehmen und Marken sie mögen. Auch die Facebook-Seiten bekannter Unternehmen werden häufig geklickt.
(Noch) kein Vertrauen in Social Commerce
Nach dem abschreckenden Beispiel des schnellen Endes der meisten Facebook-Shops sehen viele deutsche Händler das Thema Social Commerce eher skeptisch. Zwar betreiben die meisten Unternehmen eine eigene Fan-Page auf Facebook, sind jedoch vom Nutzen als Marketinginstrument immer noch nicht recht überzeugt. Daher gibt es auch nur geringe Investitionen in diesem Bereich. In einer Umfrage vom Mai 2012 hat der Preisvergleichsanbieter Become Europe 1.000 Händler befragt. Lediglich 21 Prozent der befragten Händler glauben, dass ein Engagement in sozialen Netzwerken positive Auswirkungen auf ihren geschäftlichen Erfolg haben kann.
Obwohl die Einschätzung, dass sich Aktivitäten im Social Web nicht auszahlen würden, immer noch dominiert, betreiben 89 Prozent der befragten Unternehmen eine eigene Fan-Page. Zwar glauben die Händler noch nicht wirklich an die Effektivität dieser Maßnahmen, trotzdem nennen 64 Prozent die Neukundengewinnung als Motivation für ihr Engagement. Als weitere Gründe wurden der Einfluss auf das Branding und die Kundenbindung genannt. Grund für die Skepsis ist daher wohl in den meisten Fällen das Fehlen von Tools für die Messung der Effektivität dieser Online-Präsenzen.
Mundpropaganda funktioniert auch online
Eine der wirksamsten Werbeformen überhaupt ist nachwievor die Mundpropaganda. Empfehlungen anderer Verbraucher sind immer glaubwürdiger als die Werbung eines Unternehmens. Während die herkömmliche Mundpropaganda so alt ist, wie der Handel selbst, hat sie sich im Zuge der Verbreitung des Internet-Handels stetig weiterentwickelt. Heute ist dazu nicht mehr der persönliche Kontakt zwischen zwei Konsumenten erforderlich. Stattdessen vollzieht sich die Mundpropaganda über Käuferbewertungen, Kommentare in Foren und Blog-Beiträge.
Immer mehr Online-Shops bieten ihren Kunden heute die Möglichkeit, einen Einkauf zu bewerten und zu kommentieren. Darüber hinaus tauschen Verbraucher ihre Erfahrungen mit bestimmten Anbietern in speziellen Foren oder über die sozialen Netze aus. Viele Blogger beschäftigen sich in ihren Beiträgen ebenfalls mit Shops, Produkten und Angeboten und bilden somit ein zusätzliches Medium in Sachen Mundpropaganda. Da Online-Händler heute genau wissen, wie wirksam diese Form der Werbung ist, liegt die Versuchung nahe, selber Einfluss auf den Inhalt solcher Bewertungen zu nehmen. Hier ist allerdings höchste Vorsicht geboten, da man als Internet-Unternehmer sehr schnell mit dem Verbraucher- und Wettbewerbsrecht in Konflikt gerät, wenn man Bewertungen manipuliert oder anderweitig Einfluss auf deren Inhalt nimmt.
Daniel Stöter, Erstveröffentlichung iXtenso.com