Was könnte der E-Euro für den Einzelhandel, Kundinnen und Kunden bedeuten?

04.03.2025

von Jennifer Meyer

Die Europäische Zentralbank treibt die Einführung des digitalen Euro voran. Eine digitale Währung – ausgegeben von einer Notenbank – verspricht Unabhängigkeit von privaten Zahlungsanbietern, mehr Sicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher und eine Anpassung an das zunehmend bargeldlose Leben in Europa. Doch während die Debatte um Regulierung und Technologie weiterläuft, bleibt eine zentrale Frage offen: Was bedeutet der digitale Euro für den Einzelhandel?

Ein Geld, das keines ersetzen soll – und doch alles verändern könnte

Der digitale Euro soll nicht das Bargeld verdrängen, sondern es ergänzen. So betont es die Europäische Zentralbank. Doch die Geschichte des Geldes lehrt uns, dass neue Zahlungsmittel selten nur eine Ergänzung bleiben. Falls sie sich etablieren, können sie neue Gewohnheiten schaffen, bestehende Geschäftsmodelle verändern und wirtschaftliche Machtverhältnisse verschieben.

Eine tiefgreifende Veränderung könnte der digitale Euro sein – nicht nur für den Zahlungsverkehr, sondern für das gesamte Finanzsystem. Und mittendrin steht der Einzelhandel, der mit jeder Transaktion mitentscheidet, ob eine neue Währung eine Zukunft hat oder nicht.

Was ist der digitale Euro?

Der digitale Euro ist ein geplantes, digitales Zentralbankgeld, herausgegeben von der Europäischen Zentralbank (EZB). Er soll als Ergänzung zum Bargeld dienen und Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen eine sichere, staatlich garantierte digitale Zahlungsmöglichkeit bieten. Während herkömmliche digitale Zahlungen über Geschäftsbanken oder private Anbieter wie Visa, Mastercard und PayPal abgewickelt werden, wäre der digitale Euro eine direkte Verbindlichkeit der EZB – vergleichbar mit einer digitalen Banknote.

Worin unterscheidet sich der digitale Euro von bestehenden Zahlungsmethoden?

Auf den ersten Blick erscheint der digitale Euro wie eine weitere bargeldlose Bezahlmethode. Doch der Unterschied liegt in seiner Struktur:

Direkte Verbindung zur EZB: Während Bankguthaben als Verbindlichkeiten privater Geschäftsbanken gelten, ist der digitale Euro ein Zentralbankgeld, das unmittelbar durch die EZB abgesichert ist.
Hohe Sicherheit: Im Falle einer Bankenkrise oder eines Zahlungsausfalls wäre das Guthaben im digitalen Euro sicherer.
Erhöhte Privatsphäre: Während private Zahlungsanbieter häufig Daten zu Transaktionen speichern, soll der digitale Euro einen stärkeren Schutz der finanziellen Privatsphäre bieten – zumindest bei kleineren Beträgen.
Offline-Nutzung: Im Gegensatz zu bestehenden digitalen Zahlungsmethoden wird der digitale Euro auch für Transaktionen ohne Internetverbindung nutzbar sein.

Wie soll der digitale Euro genutzt werden?

Der digitale Euro soll Verbraucherinnen und Verbraucher über eine elektronische Geldbörse (Wallet) zur Verfügung stehen, die über ihre Bank oder einen anderen zugelassenen Zahlungsdienstleister verwaltet wird. Dabei wird diskutiert, ein individuelles Haltelimit von bis zu 3.000 Euro festzulegen, um eine massive Kapitalverlagerung von Geschäftsbanken hin zur EZB zu verhindern.

Für Unternehmen und den Einzelhandel würde der digitale Euro wie eine zusätzliche Bezahlmethode funktionieren. Da er ein gesetzliches Zahlungsmittel wäre, müssten Händler ihn wohl in der Regel akzeptieren – ähnlich wie Bargeld.

Einzelhandel als Testfeld eines großen Experiments

Im Alltag der Verbraucherinnen und Verbraucher hat sich längst eine neue Normalität etabliert: Kartenzahlung, Mobile Payment, Online-Shopping – oft mit Anbietern aus den USA. Apple Pay und Google Pay dominieren, während Visa und Mastercard als unverzichtbare Brücken fungieren. Auch PayPal ist aus dem digitalen Zahlungsverkehr nicht wegzudenken und hat sich als Standardlösung für Online-Transaktionen etabliert. Die Frage ist nicht, ob der digitale Euro in diese Landschaft passt, sondern ob er sich gegen die etablierten Player behaupten kann.

Für den Einzelhandel stellt sich die Sache pragmatischer dar. Zahlungsabwicklung ist ein Kostenfaktor, und jede neue Methode bedeutet erst einmal Anpassungsaufwand. Kassen müssen aktualisiert, Kundinnen und Kunden informiert, Prozesse überarbeitet werden. Doch es gibt Argumente, die für den digitalen Euro sprechen – insbesondere für kleinere Händler.

Vorteile – oder die Hoffnung auf eine Alternative

Eine Hand hält ein transparentes Smartphone, das eine virtuelle Euro-Münze und verschiedene App-Symbole zeigt; copyright: Adobe Express

Ein zentrales Versprechen des digitalen Euro ist die Reduzierung von Transaktionskosten. Während Banken und Zahlungsdienstleister für jede Kartenzahlung Gebühren erheben, könnte eine direkte Abwicklung über die EZB günstiger sein. Theoretisch. Denn in der Praxis steht noch nicht fest, wie der digitale Euro konkret in das Zahlungssystem integriert wird. Wer wird ihn verwalten? Wird es Gebühren geben? Und wie funktioniert die Abrechnung im Detail?

Ein weiteres Argument ist die Sicherheit. Während private Zahlungsanbieter von Cyberangriffen bedroht sind, könnte eine staatlich garantierte digitale Währung stabiler sein. Vor allem in Krisenzeiten wäre es für Händler ein Vorteil, wenn Kundinnen und Kunden ein Zahlungsmittel nutzen könnten, das nicht von der Zahlungsfähigkeit privater Banken abhängt.

Und schließlich gibt es den Datenschutz. Während jede Kartenzahlung Spuren hinterlässt und kommerzielle Anbieter daraus Geschäftsmodelle entwickelt haben, verspricht der digitale Euro eine anonymere Nutzung – zumindest in bestimmten Transaktionsgrößen.

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Die Schattenseiten: Wer könnte verlieren, wenn der digitale Euro kommt?

Doch nicht alle sehen in der neuen Währung eine Erleichterung. Banken könnten geschwächt werden, wenn Kundinnen und Kunden Guthaben von ihren Konten in den digitalen Euro umschichten. Das wiederum könnte sich auf die Kreditvergabe auswirken.

Auch große Zahlungsdienstleister haben wenig Interesse daran, Marktanteile an eine staatliche Konkurrenz zu verlieren. Die Einführung des digitalen Euro könnte daher auf Widerstände stoßen – regulatorisch, politisch und technologisch.

Für den Einzelhandel selbst bleibt die zentrale Frage, ob Kundinnen und Kunden überhaupt einen Anreiz haben, auf den digitalen Euro umzusteigen. Viele scheinen mit den bestehenden Zahlungsoptionen zufrieden. Wenn der digitale Euro keinen klaren Vorteil bringt, könnte er eine theoretische Möglichkeit bleiben – eine, die Händler in ihre Systeme integrieren müssten, ohne dass sie zwingend genutzt wird.

Der EZB-Turm mit Eurosymbol im Vordergrund, aufgenommen von unten; Copyright: Unsplash/Mika Baumeister

Wo steht das Projekt digitaler Euro aktuell?

Nach einer zweijährigen Untersuchungsphase hat die EZB im November 2023 eine weitere Vorbereitungsphase eingeleitet. Derzeit läuft ein Ausschreibungsverfahren, um geeignete Technologiepartner für die Entwicklung von Systemkomponenten wie der digitalen Geldbörse, der Zahlungsabwicklung und des Sicherheitsmanagements auszuwählen. Die endgültige Entscheidung über die Einführung des digitalen Euro wird voraussichtlich nicht vor 2026 fallen. Sollte der EZB-Rat zustimmen, könnte er frühestens 2027 oder 2028 eingeführt werden.

Ob der digitale Euro tatsächlich eine Rolle im Zahlungsverkehr des Einzelhandels spielen wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Die EZB kann ihn ausgeben, doch sie kann niemanden zwingen, ihn zu nutzen. Der Erfolg wird davon abhängen, ob Händler und Kundschaft ihn als echte Alternative zu bestehenden Zahlungsmethoden sehen.

Quellen: EZB, Tagesschau