Food-Service-Roboter im EsselungaLab: ein Testzentrum für neue Technologien

von Julia Pott

Manchmal mutet die Gegenwart futuristisch an, weil die technologische Entwicklung so rasant voranschreitet. Ein Supermarkt, der weiß, was man einkauft; ein Roboter, der Gerichte zubereitet – das gibt es noch nicht an jeder Ecke, aber die Technologien sind einsatzbereit und werden von Vorreitern der Einzelhandels- und Gastronomiebranche angewendet.

Solche zukunftsweisenden Technologien sind oft nicht sofort rentabel, sondern müssen von den Anwendern ausprobiert und für ihre Zwecke angepasst werden. Genau das macht die italienische Supermarktkette Esselunga in Mailand mit ihrem EsselungaLab. Eröffnet im Januar 2024 besteht das „Testlabor“ aus einem Supermarkt- und einem Gastronomiebereich. Hier wird jede Menge Neues ausprobiert, von innovativen Technologien und Prozessen über neue Produkte, Rezepte und Materialien.

Im Restaurant mit 130 Sitzplätzen und Panoramaterrasse geht das Experimentieren weiter. Hier werden neue Gerichte für die Feinkostabteilungen der Supermärkte ausprobiert. Dem spannendsten Experiment können die Besuchenden sogar live zuschauen: Roboter Alfred hilft dem Personal dabei, Salate zuzubereiten. Den Cobot hat das US-amerikanische Start-up Dexai Robotics entwickelt.

Der Cobot Alfred kann mit zwei Armen eine Schüssel mit über 30 Zutaten befüllen. Laut Hersteller kann er 25 Schüsseln pro Stunde fertigstellen und an Mitarbeitende oder weitere Roboter weiterreichen. Per Kamera erkennt Alfred nicht nur die Zutaten, sondern auch die Füllstände und informiert rechtzeitig, wenn sie zur Neige gehen. Ein Roboterarm kann verschiedene Utensilien zur Zubereitung nutzen und diese selbstständig wechseln. Der Roboter wird von Mitarbeitenden über ein Tablet gesteuert, per App können sie Rezepte ändern oder die Leistung überwachen.

Was der intelligente Supermarkt und der Einsatz des Cobots Alfred zeigen: Wer sich traut, in neue Technologien zu investieren, kann schon heute futuristische und begeisternde Einkaufserlebnisse schaffen. So formuliert es auch Alexandre Rochat, Leiter der Innovationsabteilung bei Esselunga: „Das EsselungaLAB ist kein Store der Zukunft, sondern ein Store der Gegenwart. Hier setzen wir Technologien und Ideen ein, die bereits verfügbar sind – ob in Italien oder in anderen Teilen der Welt – und passen sie an die Standards von Esselunga an.“

Das Motto dabei lautet: „Fail fast, learn fast“, also Lösungen und Konzepte schnell ausprobieren, Erkenntnisse gewinnen und die Dinge umstellen, die nicht funktionieren. Wichtig dabei ist dem Esselunga-Management, dass alle Lösungen auf die anderen Filialen übertragbar sind. Das gilt auch für den Salatexperten Alfred, über den wir mit Alexandre Rochat ausführlicher gesprochen haben:

Alexandre, welche Erfahrungen haben Sie bisher bei Esselunga mit dem Roboter Alfred gemacht, der die Salate zubereitet?

Alexandre Rochat: Für unsere IT- und Technologieabteilungen sowie für unsere Gastronomiemarke Bar Atlantic hat der Roboter eine Fülle von neuem Know-how und Erfahrungen gebracht. Außerdem lernen unsere Mitarbeitenden, mit Robotern zu arbeiten, was die Abwicklung von Bestellungen, die Produktverarbeitung und das Abwägen der Vor- und Nachteile solcher Technologien einschließt. Insgesamt waren unsere Erfahrungen mit dem Cobot sehr wertvoll, obwohl es sich um eine noch nicht ganz ausgereifte Technologie handelt. Das Know-how, das wir in den Bereichen KI, maschinelles Lernen, Prozessgestaltung und Rezepturentwicklung gewonnen haben, ist beträchtlich.

Wie reagiert Ihre Kundschaft auf Lebensmittel, die von einem Roboter zubereitet werden?

Rochat: Die Reaktion unserer Kundinnen und Kunden war großartig. Obwohl diese Maschinen nicht unbedingt für die öffentliche Präsentation konzipiert sind, haben wir in unserem speziellen Fall Sicherheitsfenster eingebaut, um den Cobot in der Mitte unseres Food Courts zu installieren. Er ist der Star der Show geworden! Auch wenn einige Leute Vorbehalte haben, legen wir großen Wert darauf zu erklären, dass das Ziel nicht darin besteht, den Menschen zu ersetzen, sondern die Effizienz zu steigern. Unsere Mitarbeitenden spielen nach wie vor eine entscheidende Rolle, indem sie die letzten Zutaten hinzufügen, die Salate auf Tabletts anrichten und Brot, Olivenöl und Essig hinzufügen und so die letzte Qualitätskontrolle durchführen. Dieser Ansatz trägt dazu bei, unsere Kundinnen und Kunden zu beruhigen und den kooperativen Charakter der Interaktion zwischen Mensch und Roboter zu demonstrieren.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Einsatz des Food-Service-Roboters?

Rochat: Das Ziel dieses Experiments ist es, zu verstehen, wie unsere Mitarbeitenden in Zukunft mit dieser Art von Technologie arbeiten und sie integrieren können, um sie von repetitiven Aufgaben zu befreien.

Deshalb erforschen wir ständig neue Lösungen und sind begierig darauf, sie zu testen. Wir glauben, dass Roboterküchen uns dabei helfen könnten, neue Dienstleistungen anzubieten: sowohl in Geschäften, die nur wenig Platz für eine Esselunga-Standardküche haben, als auch für unsere Mitarbeitenden in unseren Produktions- und Logistikbetrieben. Eine Cafeteria, in der rund um die Uhr warme Mahlzeiten nach Esselunga-Rezepten und -Produkten zubereitet werden, könnte zum Beispiel ein wertvoller Service für unser Personal in den Werken sein.

Darüber hinaus könnten Roboterküchen in einigen unserer Innenstadtgeschäfte, die während der Mittagspause und nach Feierabend stark von Kundschaft frequentiert werden, von der Möglichkeit profitieren, warme und kalte Mahlzeiten nach Bedarf zuzubereiten.

Wie werden sich innovative Technologien wie die Robotik auf die Gastronomie- und Einzelhandelsbranchen auswirken?

Rochat: Innovative Technologien werden die Effizienz steigern. Wir sehen sie nicht als Mittel zum Personalabbau, sondern vielmehr als Möglichkeit, die Aufgaben, die unsere Mitarbeitenden erfüllen, personell aufzustocken und einen Mehrwert zu schaffen. Unser Ziel ist es, die Rollen unserer Angestellten zu überdenken und neue Wege zu finden, um für sie und unsere Kundschaft einen Mehrwert zu schaffen.

Die Erprobung innovativer Technologien wie die im EsselungaLab bedeutet eine große Investition. Was erwarten Sie sich davon für Ihre Marke?

Rochat: Unser Ziel ist es, Know-how zu schaffen. Wir sehen viele neue Lösungen und Start-ups, die in diesem Bereich entstehen. Wir glauben zu verstehen, warum es einen solchen Hype gibt, aber wir sind noch dabei zu definieren, was diese Technologien verändern können und wie sie dies tun.

Quellen: Pressemitteilung Esselunga, CIBO TODAY, DEXAI Robotics und MIND Milano