Wie SPAR, denree und Co. die Macht der Vorhersage nutzen

28/03/2024

von Jennifer Meyer

Obst- und Gemüseabteilung eines SPAR-Supermarktes in Österreich; Copyright: SPAR/Foto Karg

In der Welt des Lebensmitteleinzelhandels sind ein durchdachtes Bestandsmanagement und Shelf Planning von entscheidender Bedeutung. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz verschafft Händlern die Möglichkeit, präzise Vorhersagen über das Kaufverhalten ihrer Kundschaft zu treffen. Aktuelle Beispiele aus dem Handel zeigen, wie Unternehmen das umsetzen und davon profitieren.

Eine effektive Planung des Sortiments und der Regalbelegung ist für den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) essentiell. Das war noch nie anders. Doch dank fortschrittlicher Algorithmen können Händler seit wenigen Jahren immer präzisere Vorhersagen darüber treffen, welche Produkte in Zukunft gefragt sein werden und wo Kundinnen und Kunden sie im Geschäft erwarten.

Das Bestandsmanagement oder Inventory Management bezieht sich auf die strategische Kontrolle und Organisation von Produkten in den Lagerbeständen eines Einzelhändlers. Ziel ist es, einen optimalen Bestand zu gewährleisten, um die Nachfrage zu erfüllen, Überbestände zu vermeiden und die Lagerkosten zu minimieren. Dabei werden oft fortschrittliche Technologien wie künstliche Intelligenz eingesetzt, um präzise Vorhersagen für die Bedarfsplanung und Bestellung zu ermöglichen.

Diese Vorhersagen basieren auf umfassenden Analysen von vergangenen Verkaufsdaten und externen Faktoren wie saisonalen Veränderungen und aktuellen Markttrends. So fallen riesige Mengen an Daten an, die möglichst schnell und präzise ausgewertet werden müssen. Genau deshalb eignet sich der LEH perfekt für den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Damit soll der Einkaufsprozess optimiert, die Kundenzufriedenheit maximiert und Überschuss möglichst vermieden werden.

SPAR gewinnt den "Future of European Commerce Award"; Copyright: SPAR/Foto Karg

Ausgezeichnetes Konzept: SPAR Österreich

Ein Lebensmitteleinzelhändler, der dies nun in besonders innovativer Form umgesetzt hat, ist SPAR Österreich. Das Unternehmen wurde im Dezember 2023 erstmals mit dem „Future of European Commerce Award“ von EuroCommerce ausgezeichnet. Der begehrte Preis würdigt Unternehmen und Verbände für ihre Transformationsprojekte. SPAR Österreich überzeugte die Jury mit seinem visionären Ansatz „Obst und Gemüse 3 Tage frischer“. Dieser beinhaltete eine umfassende Analyse und Optimierung der Planung, Beschaffung und Auslieferung im Obst- und Gemüsebereich.

Das Ziel von SPAR Österreich: Konsumierenden zu jeder Zeit genussreifes Obst und Gemüse anbieten. Markus Kaser, SPAR-Vorstand, zeigte sich begeistert über die Auszeichnung: „An der SPAR-Umstellungsinitiative ‚Obst und Gemüse 3 Tage frischer‘ waren 160 Expertinnen und Experten aus den Bereichen IT, Prozessmanagement, Logistik, Sortiment und Qualitätssicherung beteiligt.“

KI und Cloud bilden das Herz des Projektes „Obst und Gemüse 3 Tage frischer“

Der Schlüssel zu den innovativen IT-Lösungen von SPAR ICS, der IT-Unit der SPAR Österreich Gruppe, liegt in der präzisen Berechnung der Verkaufsmengen. Durch den Einsatz von KI werden umfangreiche Daten zu Verkaufsmengen, Wetterbedingungen, Sonderangeboten, Marketingaktionen, Saisonalität und vielen weiteren Faktoren analysiert. Auf diese Weise ermöglicht die Technologie eine exakte Vorhersage der optimalen Menge für jede Filiale.

Technologie-Innovationen revolutionieren den Einzelhandel, vom Store zum Backoffice, von der Supply Chain bis zum Checkout – Bleiben Sie dran an der Entwicklung: Neueste Lösungen, den Austausch mit der Branche und jede Menge Expertise finden Sie auf der EuroCIS – the Leading Trade Fair for Retail Technology.

Die Umsetzung dieses Projekts erfolgte in Zusammenarbeit zwischen SPAR, Microsoft und Paiqo. Angesichts der großen Datenmengen und des variablen Bedarfs an Rechenleistung fiel die Entscheidung auf die Microsoft Cloud. Die Advanced Analytics Werkzeuge von Microsoft Azure greifen auf diese cloudbasierten Daten zu, wodurch eine intelligente Lieferkette erst möglich wird.

So will SPAR Lebensmittelverschwendung vermeiden

SPAR hat zielgerichtete Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung eingeführt, darunter präzise Bestellungen, vergünstigte Angebote für Produkte kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum und Spenden an Sozialorganisationen für nicht verkaufte Produkte. Durch die Umsetzung dieses Projekts konnte SPAR Österreich die Lebensmittelverschwendung auf 1 Prozent reduzieren. Im Vergleich: In deutschen Supermärkten werden bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Brot im Schnitt etwa 6 Prozent entsorgt, bei Obst und Gemüse ungefähr 4,3 Prozent.

Andreas Kranabitl, Geschäftsführer von SPAR ICS, betonte: „Angetrieben durch KI hat das Projekt die Planungs-, Beschaffungs- und Lieferprozesse revolutioniert. Das Ergebnis ist eine Genauigkeit der Vorhersage von über 90 Prozent. All das führt dazu, dass in der richtigen Filiale exakt die benötigte Menge zur richtigen Zeit verfügbar ist und dadurch die Lebensmittelverschwendung noch stärker reduziert wird.“

Inventory Management und Shelf Planning – weitere Beispiele aus dem LEH

Auch andere Lebensmitteleinzelhändler machen sich die KI längst zu Nutze, um die Kosten für Verderb zu reduzieren und gleichzeitig die Produktverfügbarkeit und damit die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Partner für einige große Namen dieser Branche ist RELEX Solutions. Ein Unternehmen, das sich auf Supply Chain Management, Flächenmanagement und die Anwendung von künstlicher Intelligenz in diesen Bereichen spezialisiert hat.

Bereits 2020 entschied sich REWE für die Flächenplanungslösung von RELEX Solutions, um durch automatisch erstellte, filialspezifische Planogramme das Einkaufserlebnis zu verbessern. Die Kundschaft soll dadurch Artikel genau dort finden, wo sie sie erwartet. Dadurch soll der Warenumschlag gesteigert werden. Bis zur Zusammenarbeit mit RELEX Solutions hatte REWE mit einem manuellen, zeitaufwendigeren Tool gearbeitet.

Shelf Planning ist die strategische Anordnung und Gestaltung von Produkten auf den Regalen eines Ladens. Das Ziel ist es, eine effektive Präsentation zu schaffen, die die Sichtbarkeit und den Verkauf fördert. Dabei werden Faktoren wie Produktplatzierung, Saisonalität, Kundenverhalten und Verkaufsdaten berücksichtigt.

Nach REWE folgten auch Kunden wie Lidl, EDEKA und seit neuestem auch die denree Gruppe. denree strebt durch die Zusammenarbeit an, Silostrukturen abzubauen, indem Daten, die bisher isoliert gesammelt und betrachtet wurden, besser integriert werden. Daraus, so die Hoffnung, werden über Unternehmensbereiche hinweg fundiertere Erkenntnisse gewonnen, die zur effizienten Datennutzung beitragen. Zusätzlich soll die Prognosegenauigkeit verbessert und die Dispositionsprozesse automatisiert werden. Das übergeordnete Ziel: Die Kosten für Verderb und Lagerbestände senken und gleichzeitig die Produktverfügbarkeit verbessern.

Die Zukunft des Lebensmitteleinzelhandels gestalten

Der Einsatz von KI im Inventory Management und Shelf Planning ermöglicht es Lebensmittelhändlern, sich flexibler an die Bedürfnisse ihrer Kundschaft anzupassen. Aktuelle Beispiele aus dem LEH zeigen, dass diejenigen, die diese Technologien geschickt einsetzen, nicht nur wirtschaftlichen Erfolg ernten, sondern auch nachhaltiger agieren können.