Mobiles Bezahlen im Aufwind

Mobiles Bezahlen ohne Zusatzhardware – direkt am Smartphone oder Handheld: SoftPOS-Lösungen verändern die Payment-Landschaft im stationären Einzelhandel. Im Interview erklären Dr. Hermann Geupel und Jochen Pielage von der Rubean AG, was ihre Technologie besonders macht, warum Händler gerade jetzt auf SoftPOS setzen sollten – und was wir zur EuroShop 2026 erwarten dürfen.

Worin seht ihr aktuell das größte Innovationspotenzial im stationären Zahlungsverkehr?

Jochen Pielage: In Zeiten des Onlinehandels bemüht sich der stationäre Handel der Kundschaft die bestmögliche Erfahrung (Customer Experience) zu geben. Exzellente Beratung und direktes Kassieren bei Kundinnen und Kunden lösen Kassenschlangen und Wartezeiten ab. Das Motto lautet „Die Kasse kommt zum Kunden“. Die SoftPOS-Technologie ermöglicht das Bezahlen an praktisch jedem Gerät, das NFC-fähig ist und eine SoftPOS-App installiert hat. Das sind zum Beispiel die Handhelds des Verkaufspersonals oder ausgelegte Scanner, die die Kundinnen und Kunden eigenständig verwenden.

Warum braucht der Handel genau jetzt eure Lösung?

Jochen Pielage: SoftPOS kann auf jedem Gerät, das Mitarbeitende heute für Warenmanagement, Inventur und andere Prozesse verwenden, aktiviert werden. Daher ist jetzt die Zeit, Kundinnen und Kunden besser, einfacher und schneller zu betreuen. Warteschlangen an den Kassen sind nicht mehr zeitgemäß und völlig unnötig.

Wie funktioniert eure SoftPOS-Lösung technisch – und warum reicht dafür ein normales Android-Smartphone?

Hermann Geupel: Rubeans SoftPOS-Lösung besteht aus einer App, die größere Einzelhandelsunternehmen über ein Mobile-Device-Management System automatisiert auf die Firmen-Handhelds der Mitarbeitenden laden und mit der mobilen Kassen-App verbinden.

Um Konsumentinnen und Konsumenten per Karte zahlen zu lassen, ruft die mobile Kasse einfach die Rubean-App auf, die dazu auffordert, die Bankkarte an das Gerät zu halten und bei Bedarf die Karten-PIN einzugeben. Die Abwicklung führt die App sicher und zertifiziert über den Rubean-Terminalserver im Rechenzentrum aus, der mit der Bank des Einzelhändlers verbunden ist.

Ein Händler-SoftPOS-Terminal, welches Tausende von Bankkarten ausliest und Karten-PINs aufnimmt, muss stark gegen Ausspähung und Manipulation geschützt sein. Die verwendeten Mobiltelefone und Firmen-Handhelds sind Mehrzweckgeräte. Die App sichert diese Geräte auf zertifizierte Weise gegen mögliche Angriffe.

Für welche Szenarien im Einzelhandel ist eure Lösung besonders attraktiv – Kiosk, Pop-up, Flagship Store, Großhandel?

Hermann Geupel: Unsere Lösung ist besonders dann attraktiv, wenn ein extra POS-Kartenleser als zu unhandlich oder zu teuer angesehen wird. Software kann im Gegensatz zu Hardware per Knopfdruck verteilt und ganz flexibel lizenziert werden.

Einzelhandelsunternehmen rüsten zum Beispiel alle Vertriebsmitarbeitenden mit einer SoftPOS-App aus, damit sie bei Bedarf beim Kassieren helfen können – etwa wenn die Schlangen an der Kasse zu lang werden oder die zentrale Kasse ausfällt. Außerdem lassen sich Kundinnen und Kunden so komfortabel direkt am Point of Sale bedienen, ohne dass sie zur Zentralkasse geschickt werden müssen.

Auch Selfservice-Geräte wie Selfscanner oder Self-Check-Out-Touchscreens werden mit der SoftPOS-App ausgestattet.

Wenn Händler die Ware nach Hause liefern, nutzten Kuriere oder Spediteure in der Regel ein mobiles Gerät (MDE oder Smartphone) zur Abwicklung des Geschäftsprozesses. Dieses mobile Gerät wird durch unsere Lösung gleichzeitig zum Bezahlterminal.

Wie steht es um Sicherheit, Datenschutz und Zertifizierungen – gerade bei Zahlungen direkt auf dem Smartphone?

Jochen Pielage: Die Kartenorganisationen wie Mastercard, Visa und die Deutsche Kreditwirtschaft (girocard) haben die SoftPOS-Technologie seit 2019 pilotweise und seit 2024 für den Regelbetrieb zugelassen. Die Anforderungen für den Regelbetrieb PCI MPoC und AppPOS sind höher als für den Pilotbetrieb, so dass von den SoftPOS-Anbietern, die in Pilotprojekte eingesetzt wurden und werden, bisher weniger als die Hälfte die Regelbetriebszulassung erhalten haben. Die Rubean SoftPOS Lösung hat natürlich alle Zertifizierungen.

Welche konkreten Erfolgsbeispiele oder Pilotprojekte mit Händlern könnt ihr bereits nennen?

Jochen Pielage: Im Einzelhandel ist Deichmann unser herausragendes Erfolgsbeispiel. Andere Erfolgsgeschichten sehen wir im Schmuck-, Möbel- und Lebensmittel-Einzelhandel.

Welche Rolle spielen SoftPOS-Lösungen im Wettbewerb mit großen Playern wie Apple Pay, Google Pay oder PayPal?

Jochen Pielage: Unsere SoftPOS-Lösung akzeptiert Apple Pay, Google Pay und PayPal Pay Wallets „out-of-the-box“, da diese mit tokenisierten Bankkarten arbeiten. Die Wallets bringen die Digitalisierung auf Konsumentenseite voran. Unsere SoftPOS-Lösung hilft bei der Digitalisierung der Händler. Sie ist eine rein software-basierte Kartenakzeptanz-Lösung und damit das natürliche Gegenstück zu Zahlungskarten und Wallets. Beides kann gleichzeitig auf dem Handy des Händlers installiert sein.

Wie wird sich eurer Einschätzung nach das Bezahlverhalten in den nächsten drei Jahren verändern? Und wie bereitet sich Rubean darauf vor?

Hermann Geupel: Die Kartenorganisationen bekommen zunehmend Konkurrenz von den sogenannten Alternative Payment Methods (APMs), die Händler und Kundschaft über das Scannen eines QR-Codes zusammenschließen. In China, Brasilien und der Schweiz zum Beispiel sind APMs schon stärker verbreitet als bei uns in Deutschland. Da Rubean’s Lösung rein Software-basiert arbeitet, können diese APMs einfach integriert werden. Der generelle Anteil von Kartenzahlungen wird im Vergleich zu Bargeldzahlungen weiter ansteigen, da sie sowohl für Händler als auch Kundschaft sicherer, bequemer und einfacher sind. Viele Handwerker und andere Dienstleister werden ihre Handys als Bezahlterminal einsetzen. Mehr und mehr Self-Checkout-Lösungen werden das Einkaufserlebnis signifikant beschleunigen und in den Fällen, wo die Kundin oder der Kunde eine Beratung erfahren möchte, wird die Beratung direkt mit der digitalen SoftPOS-Bezahlannahme abgeschlossen.

Was können wir als nächstes von Rubean erwarten, gibt es neue Features, Partnerschaften oder internationale Expansion?

Jochen Pielage: Im Payment-Ökosystem liefern wir eine Händler-Komponente, die an die Kassensysteme und Zahlungsdienstleister der Händler angebunden ist. Wir fügen permanent neue Zahlungsdienstleister hinzu. Kassenhersteller integrieren uns in deren Kassensysteme. Die USA ist ein wichtiger neuer Markt für uns, in dem mehrere Kunden bereits auf die Fertigstellung unseres Ökosystem warten. Dank unserer bestehenden Anbindungen konnten wir bereits Ende 2024 bei der Weltnaturkonferenz in Kolumbien live gehen und dort die Kartenakzeptanzanforderungen aus rund 230 Ländern ermöglichen.