Zukunftsweisende Technologien im Food Service

Mise en Place: Die Utensilien, die die Gastronomie umwälzen werden, stehen bereit oder sind in der Entwicklung. Technologien wie künstliche Intelligenz, Big Data Analytics, Internet of Things und Robotik haben das Potenzial, sowohl die Prozesse rund um die Küche als auch die Customer Journey in der Gastronomie grundlegend zu verändern.

Olaf Hohmann, Experte für das Thema Handelsgastronomie beim EHI Retail Institute, gibt uns einen Ausblick darauf, wie diese Entwicklungen die Food-Service-Branche prägen werden und welche Chancen solche Technologien für Gastronomiebetriebe bereithalten.

Olaf, welche Rolle wird das Thema Food Service und Gastronomie zukünftig für den Einzelhandel spielen?

Olaf Hohmann: Das Thema wird immer wichtiger. Wir beim EHI sehen das zum Beispiel an der Entwicklung der Umsatzzahlen, die uns von den Händlern gemeldet wurden. Im Jahr 2022 lag der Handelsgastronomieumsatz bei über 10 Milliarden Euro. Für das Jahr 2023 sehen wir eine deutliche Umsatzsteigerung von 15,9 Prozent.

Ein Faktor, der zur positiven Entwicklung beigetragen hat, ist die Preissensibilität der Konsumierenden. Da kann die Handelsgastronomie mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis punkten – bei gestiegener Qualität und stärkerer Kundenorientierung. Und schließlich gelingt es der Handelsgastronomie, Kundinnen und Kunden schnell zu bedienen, gerade zur Mittagszeit.

Wie wichtig ist es für Händler, sich mit der technologischen Entwicklung im Food Service auseinanderzusetzen und zu investieren?

Hohmann: Technologien bringen viele Vorteile, beispielsweise bei Bestellung, Bezahlung, Verkaufsprognosen, Personaleinsatzplanung, Prozessoptimierung und Effizienz, aber auch für die Nachhaltigkeit. Die Notwendigkeit für den Einsatz von Technologien entsteht zu einem großen Teil aus einem Personalmangel. Dadurch fragen sich viele Händler: Welche Prozesse kann ich mit Technologie vereinfachen? Wo kann Technologie Menschen entlasten, die ich dann für kreativere und anspruchsvollere Zwecke einsetzen kann?

Blicken wir mal aus der Kundenperspektive auf das Thema: Wie wird sich die Customer Journey im Food-Service-Bereich in den kommenden Jahren durch Technologien verändern?

Hohmann: Wenn wir in die Zukunft blicken, ist vieles denkbar. Das beginnt bereits vor der Bestellung: Ein Gastronomiebetrieb weiß zum Beispiel, dass eine Kundin, nennen wir sie Julia, meistens mittags in den Laden kommt. Zu dieser Tageszeit erhält Julia automatisiert ein Sonderangebot. Sobald sie den Shop betritt, wird sie per Gesichtserkennung oder über ihr Handy erkannt und automatisch persönlich begrüßt. Chatbots und KI-Assistenten vereinfachen die Kommunikation, Bestellungen und Anfragen können per Sprache bedient werden.

Dann folgen personalisierte Empfehlungen. Eine schlaue KI schlägt Julia vor: „Du hast schon lange keinen Burger mehr gegessen, wäre das was? Im Übrigen haben wir ganz neu ein passendes Infused Water dazu.“ Vorlieben und Allergien werden einbezogen, um individuelle Menüvorschläge zu entwickeln. Weil Julia sich für gewisse Inhaltsstoffe, für die Herkunft und nachhaltige Produktion der Zutaten interessiert, werden ihr dazu Informationen ausgespielt. Es wird äußerst spannend, wenn eine Technologie besser weiß als man selbst, was man eigentlich will.

Hohmann: Eines der spannendsten Themen sind Softwarelösungen, die Voraussagen treffen. Die Software analysiert beispielsweise historische Bestelldaten, und nimmt Informationen wie Wetterdaten oder Events und Feiertage hinzu. Auf Basis dieser Daten kann die Prognosesoftware dem Handels- oder Gastronomiebetrieb voraussagen, was in Zukunft verkauft werden wird. Diese Prognose-Lösungen sind inzwischen ziemlich gut, Anbieter geben Treffergenauigkeiten an, die bei über 90 Prozent liegen. Neben der Prozessoptimierung zahlt diese Entwicklung auch auf das Thema Nachhaltigkeit und Lebensmittelverschwendung ein. Denn wenn ich weiß, was ich zu bestimmten Tageszeiten produzieren muss, kann ich gezielter einkaufen und muss deutlich weniger wegwerfen.

Ein faszinierendes Feld ist natürlich die Robotik. Roboter können im klassischen Küchenprozess schon einige Aufgaben übernehmen. Sie können Speisen zubereiten, zum Beispiel Bowls und Salate, das funktioniert schon sehr gut. In einigen Gastronomiebetrieben arbeiten die Roboter hinter Glas und für Kundinnen und Kunden ist das natürlich ein Erlebnis, wenn sie zuschauen können. Es gibt auch bereits Restaurants, in denen Roboter gebrauchtes Geschirr abtransportieren oder das Essen an den Tisch bringen.

Und zum Stichwort Big Data Analytics: Diese ganzen Systeme stellen inzwischen so viele Daten bereit, dass die Frage nur noch ist: Was fange ich damit an? Zum Beispiel können maßgeschneiderte Angebote für alle Kundinnen und Kunden erzeugt werden.

Kannst du uns Beispiele aus der Praxis nennen, wo Technologien im Food Service erfolgreich angewendet werden?

Hohmann: Ein Betrieb, der sehr gut durchdigitalisiert ist, besonders im Produktionsprozess, ist das Hofbräuhaus in München. Dort wurde ein komplettes ERP-System inklusive Prognosesoftware und Bestellsystem eingeführt: Die Bestellung wird direkt in die Küche durchgereicht und dort gibt es spezielle Stationen, die auf bestimmte Speisenzubereitung spezialisiert sind. Wir reden hier von etwa 3.500 Sitzplätzen und jährlich bis zu 2 Millionen Gästen. Da lohnt es sich natürlich in besonderem Maße, die Prozesse zu optimieren.

Auch wir bei der EuroCIS sehen die zunehmende Relevanz von Technologien in der Handelsgastronomie. Daher wird auf der EuroCIS 2025 erstmalig Food Service Innovation Hub zu sehen sein.

Hohmann: Dass die EuroCIS und auch die EuroShop diesem Thema eine Plattform bietet, ist absolut sinnvoll. Noch stehen wir hier am Anfang, aber die Nachfrage aus dem Einzelhandel und der Gastronomie – und vor allem auch von Kundenseite – wird steigen. Ich glaube, dass der große Schritt, um mit dem knappen Personal Mehrwerte zu schaffen und die Effizienz zu steigern, vor allem durch die Automatisierung des Produktionsprozesses kommen wird. Das wird meiner Ansicht nach der größte Hebel sein, den Händler und Gastronomen einsetzen können, um Fortschritte zu erzielen.

Zunächst werden große Betriebe wie das Hofbräuhaus neue Technologien einsetzen. Bei solchen Mengen spürt ein Gastronom den Effekt direkt. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss natürlich stimmen. Aber durch eine Beobachtung des Marktes und eine schrittweise Integration dieser Technologien können auch kleinere Betriebe langfristig profitieren.